Nüchtern hinhören!
»Heilfasten«, nicht nur in der Fastenzeit, ist selbst unter Christen ein Renner. Fastenzeiten werden als Chancen für die Gesundheit angepriesen. Man gönnt sich eine »Luxus-Auszeit«, achtet und ehrt seinen eigenen Körper, bietet ihm Erholung, tankt neue Energie, um ins natürliche Strahlen zurückzufinden und seine innere Landkarte neu zu sortieren. So ähnlich kann man es in Fastenratgebern nachlesen.
Unsere Vorfahren machten Kniebeugen vor Gott. Sie beteten und fasteten, um Gottes Willen für ihr Leben zu entdecken und Vollmacht für ihre Sendung in diese Welt zu empfangen.
Wir machen Rumpfbeugen, um abzunehmen und unseren Körper zu entschlacken. Sie gaben Gott die Ehre. Wir drehen uns um uns selbst und um Kalorientabellen. Sie freuten sich an der Gegenwart Gottes. Wir sind stolz auf das, was wir beim Fasten erreichen. Sie gingen mutig und getröstet in ihren Alltag zurück. Uns frustriert, dass wir meistens früher als später vom Alltag und den Kalorien wieder eingeholt werden.
Unsere Fastenpraxis hat längst nichts, aber auch gar nichts mehr mit dem biblischen Fasten zu tun.
Fasten hat nämlich keinen Wert für sich, sondern wurde nur dann praktiziert, wenn es einen besonderen Anlass dazu gab. Der vorübergehende Verzicht auf Essen – die griechischen Worte, die im Neuen Testament für das Fasten gebracht werden, bedeuten wörtlich so viel wie: »nicht-essen« bzw. »nüchtern-sein« – ermöglichte eine größere innere Konzentrationsfähigkeit, machte empfangsbereiter für das Reden Gottes und engagierter zum Reden mit Gott.
Entsprechend hat es auch die Urgemeinde gehalten, die vor der ersten Missionsreise des Paulus fastete und dadurch so offen und nüchtern war, die Weisungen des Heiligen Geistes zu erkennen und auszuführen.
Eines Tages, während die Gemeinde dem Herrn mit Gebet und Fasten diente, sagte der Heilige Geist: »Stellt mir Barnabas und Saulus für die Aufgabe frei, zu der ich sie berufen habe!« (Apg. 13,2 / NGÜ)
Wie geht es in unsere Gemeinde weiter? Welchen Auftrag hat Jesus Christus für uns? Fragen die, die Gemeinde in Antiochia umtreiben. Dabei schauen sie nicht auf das, was ihnen guttun könnte. Sie schauen nach »oben« und sehnen sich danach, dass Gottes Wille unter ihnen geschieht. Aus diesem Grund beten und fasten sie.
Was ihnen dann der Geist Gottes sagt, ist die Präzisierung des Auftrags Jesu:
Aber wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt, werdet ihr mit seiner Kraft ausgerüstet werden, und das wird euch dazu befähigen, meine Zeugen zu sein – in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und ›überall sonst auf der Welt, selbst‹ in den entferntesten Gegenden der Erde. (Apg. 1,8 / NGÜ)
Durch die Kraft des Heiligen Geistes und den Bekennermut einiger Glaubensflüchtlinge, waren Menschen zum Glauben an Jesus Christus gekommen und die Gemeinde in Antiochia entstand. Nun wird durch Gottes Geist die Tür zu »den entferntesten Gegenden der Erde« aufgestoßen. Zwei wertvolle Mitarbeiter der Gemeinde, Barnabas und Saulus, sind für den evangelistischen Dienst vorgesehen.
Und die Gemeinde? Sie hält ihre Mitarbeiter nicht fest. Sie weigert sich nicht, dem missionarischen Auftrag Jesu nachzukommen. Gehorsam tun sie, was der Heilige Geist ihnen aufträgt.
Natürlich ist es ein Opfer, wenn zwei prägende Mitarbeiter weggehen. Und selbst für Barnabas und Saulus war es ein Opfer, wissen sie doch nicht, in welche Situationen sie kommen und auf welche Menschen sie treffen werden. Gemeinsam fasten und beten sie:
Da legte man den beiden nach weiterem Fasten und Beten die Hände auf und ließ sie ziehen. (Apg. 13,3 / NGÜ)
Und dann ziehen die beiden Missionare los.
Fasten und Beten führt uns in die Gegenwart Gottes. Verändert unsere Blickrichtung. Fokussiert auf das Wesentliche. Gibt uns Gewissheit über den Auftrag, den wir in dieser Welt haben. Wir sind von Jesus Christus nämlich nicht dazu berufen, in vertrauten Gemeindekreisen eine Wohlfühlatmosphäre zu genießen. Jesus beauftragt uns überall auf der Welt, dass heißt bis in den letzten Winkel Sachsens, seine Zeugen zu sein und einzuladen zum Glauben an ihn. Gottes Geist gibt uns dazu Kraft, Mut und Durchhaltevermögen. Das haben wir sogar schriftlich!
Durch Fasten und Beten kann der Ungehorsam gegenüber Gottesauftrag und die Gleichgültigkeit gegenüber unseren Mitmenschen, die sich unter uns breit gemacht haben, überwunden werden. Lasst uns fasten und beten und dann gehorsam das tun, was der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus Einzelnen und uns als Gemeinde aufträgt.
Gunder Gräbner
Evangelist des Sächsischen Gemeinschaftsverbandes, Chemnitz